Um 1900 gab es sehr viel Spielzeug, das eher zum Lernen und Erziehen diente, als zum freien und unbedarften Spiel. Dies galt besonders für die als „Lehrmittel“ vermarkteten Ausstellungstücke in diesem Raum. Sie sehen Experimentierkästen und physikalische Geräte, die alle voll funktionsfähig waren. Da sie zum Teil Röntgen-Strahlung oder Stromschläge erzeugten, sind sie aus heutiger Sicht kein Kinderspielzeug und auch im Unterricht wären sie heutzutage undenkbar.

Welches physikalische Spielzeug gab es im Einzelnen?

Die Wimshurstmaschine oder Influenzmaschine erzeugte Hochspannung.

Die Geisslerröhren besaßen Teile aus fluoreszierendem Uranglas, waren kunstvoll mundgeblasen und konnten ähnlich wie Neonröhren leuchten. In Verbindung mit einem Elektromotor erzeugten sie faszinierende Lichteffekte.

Die Röntgenröhren funktionierten tatsächlich und waren kleine Geräte für Kinder. Es gab auch Geräte zur drahtlosen Telegrafie und umfangreiche Experimentierkästen.

Angetrieben wurden die Apparturen zum Beispiel mit Dynamomaschinen oder Elektromotoren.

Viele dieser Lehrmittel bargen Gefahren, etwa durch Batterien, die mit Chromsäure gefüllt waren. Sie erzeugten Stromschläge, Strahlungen oder enthielten giftige Chemikalien.

Doch die Faszination war groß, denn es blitzte, leuchtete, summte, knallte und es roch auch abenteuerlich, zum Beispiel nach Ozon.

Vermutlich stellte Bing die Röntgenröhren, Geisslerröhren und einige andere nicht selbst her, sondern kaufte sie von Lehrmittelanstallten aus dem Thüringer Raum und Sachsen und vertrieb sie unter dem eigenen Namen.

Die Geräte zeigen, dass wissenschaftliche Innovationen innerhalb sehr kurzer Zeit auch als Spielzeug erhältlich waren. Die Ingenieure von Bing setzten jeglichen Fortschritt direkt um und arbeiteten am Puls der Zeit. Denn genau das wünschte und bezahlte das damalige Bürgertum. Auch hier kann man davon ausgehen, dass viele der Lehrmittel nicht nur für Kinder gekauft wurden, sondern ebenfalls als Väterspielzeug dienten.